Gerichtsurteile im Detail

 
22. NOVEMBER 2001
Entscheidung des LG Karlsruhe zum Thema Spamming:
Einmalige Zusendung von Werbe-E-Mail kein Verfügungsgrund
Der Verfügungskläger begehrt vom Verfügungsbeklagten die Unterlassung der Zusendung unverlangter Werbe-E-Mails. Der Verfügungsbeklagte hatte an die E-Mail-Adresse der Verfügungsklägerin eine Werbe-E-Mail versandt mit dem Betreff "Bringt Besucher und Performance". Daraufhin erteilte der Verfügungskläger dem Verfügungsbeklagten mit Anwaltsschreiben eine Abmahnung und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Da diese vom Verfügungsbeklagten nicht abgegeben wurde, hat der Verfügungskläger Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Die einstweilige Verfügung ist unbegründet.
Das LG stellte in seiner Entscheidung klar, dass es in der Rechtsprechung nahezu einhellig anerkannt sei, dass die Zusendung von E-Mail-Nachrichten zu Werbezwecken das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers beeinträchtigt bzw. einen Eingriff in dessen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt. Begründet wird dies damit, dass Werbung per E-Mail eine ähnlich belästigende Wirkung hat wie andere Formen unverlangter Werbung (z.B. per Telefax, Bildschirmtext o.ä.). Sowohl der Abruf wie auch das Löschen von Werbung von den Zentralrechnern, auf denen die E-Mail-Nachrichten gespeichert werden, erfordern Rechner- und Kommunikationsressourcen. Zudem besteht die Gefahr, dass der für das E-Mail-Konto des Empfängers zur Verfügung stehende Speicherplatz aufgrund massiver Werbeeingänge erschöpft wird und erwünschte Nachrichten den Empfänger nicht mehr erreichen. Diese Gefahr ist im Bereich des Spaming besonders hoch zu bewerten, weil sich E-Mail-Nachrichten im Vergleich zu anderen Werbeformen extrem leicht und kostengünstig an eine nach oben nicht begrenzte Zahl von Empfängern gleichzeitig verschicken lassen, so dass bei einer großzügigen Zulassung von E-Mail-Werbung mit besonders gehäuften Belästigungen zu rechnen wäre. Aus diesem Grund verstößt die Zusendung von Werbung per E-Mail, ohne dass das Einverständnis des Empfängers vorliegt oder zu vermuten ist, grundsätzlich gegen absolute Rechte des Empfängers, so dass dieser entsprechend §§ 823 I, 1004 BGB Unterlassung verlangen kann. Diese Grundsätze sind auch auf gewerblich genutzte E-Mail-Adressen anzuwenden, da ähnlich wie bei Telefonanschlüssen der Gewerbetreibende die E-Mail-Adresse im eigenen Interesse, nicht im Interesse eines Werbungtreibenden unterhält.
Jedenfalls bei einmaliger Zusendung einer unverlangten Werbe-E-Mail ist ein Verfügungsgrund nach §§ 935, 940 ZPO aber nicht gegeben. Denn die bloß vereinzelte Zusendung solcher Nachrichten mag zwar belästigend sein, stellt jedoch keine so gravierende Beeinträchtigung dar, dass sie zur effektiven Durchsetzung der Rechte des Empfängers die Zubilligung von Eilrechtsschutz erforderlich machen würde.

Urteil: LG Karlsruhe; Az.: 5 O 186/01
Datum: 25. Oktober 2001
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs
 



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